Alte Tradition neu entdeckt
Die kluge Art der Landnutzung ist uralt: Früher war man abhängig von der Fruchtbarkeit des Bodens, daher war Agroforstwirtschaft weit verbreitet. Dann haben wir Pflanzenschutz- und Düngemittel entwickelt und die Landwirtschaft nach und nach mechanisiert. Monokulturen sollten die Effizienz steigern. Langsam werden die Vorteile, das Land vielfältig zu nutzen, jedoch wieder geschätzt. Angepasst an die moderne Form der Landwirtschaft können wir Agroforstwirtschaft sogar großflächig nutzen.
Monokulturen bezeichnen Flächen, auf denen über längere Zeit ein und dieselbe Pflanzenart angebaut wird. Das vereinfacht den Landwirt:innen die Arbeit und spart Geld, da sie sich auf eine Art konzentrieren können. Gleichzeitig schädigen Monokulturen aber der Umwelt. Die Pflanzen ziehen immer dieselben Nährstoffe aus dem Boden, was der Qualität des Bodens schadet. Monokulturen sind außerdem anfälliger für Schädlinge und Unkraut. Daher müssen mehr Pestizide zum Einsatz kommen, die wiederum der Natur schaden.
Agroforst: Ein aggressiver Wald?
Die Bedeutung von Agroforstwirtschaft (kurz: Agroforst) steckt bereits im Begriff: Es handelt sich um eine Mischung aus Agrarwirtschaft (Landwirtschaft) und Forstwirtschaft (die Bewirtschaftung von Wäldern). Es fällt auf, dass Agrarforstwirtschaft nicht den Anbau einer einzigen Pflanzenart meint, sondern verschiedene Pflanzen auf derselben Fläche kombiniert. So können die Pflanzen voneinander profitieren.
Genau das ist gemeint, wenn Agroforstwirtschaft als eine „multifunktionale Art der Landnutzung“ beschrieben wird. Der gleichzeitige Anbau von Bäumen und / oder Sträuchern mit Nutzpflanzen und / oder Tierhaltung führt zu Wechselwirkungen, die man bewusst nutzen kann. Die Pflanzen (und Tiere) können nämlich Vorteile aus der Anwesenheit des anderen ziehen. Dadurch bieten die Flächen größere Erträge: 100 Hektar agroforstwirtschaftliche Fläche gibt dieselbe Erntemenge, wie 140 Hektar Monokultur. Damit ist ein Agroforst ein kleines, vom Menschen gemachtes Ökosystem.
Dieses Schaubild zeigt Dir den Vorschlag einer kontrollfähigen Definition von Agroforsten, sozusagen eine Mustervorlage zur Planung von Agroforstflächen. So eine Definition ist wichtig, da sie, unter Berücksichtigung der riesigen Diversität von Agroforstwirtschaft, eine Vereinheitlichung schafft. Dementsprechend können Landflächen kontrolliert und förderrechtlich anerkannt werden.
Vielfalt #1: Arten der Agroforstwirtschaft
Mehrere Eigenschaften machen die Agroforstwirtschaft vielfältig. Der erste Grund sind die facettenreichen Weisen, auf die wir Agroforstwirtschaft betreiben können.
Sogenannte silvoarable Systeme kombinieren Bäume mit Nutzpflanzen. Oft sind die Gehölze hier in Streifen angeordnet, damit die Felder dazwischen gut zugänglich für die Bewirtschaftung sind. So passen nach wie vor z.B. Mähdrescher auf die Ackerflächen. Die Bäume sind eine hilfreiche Ergänzung für die Ackerkulturen, da sie unter anderem wichtigen Windschutz bieten.
Silvopastorale Systeme verknüpfen Bäume mit der Haltung von Tieren. Ein gängiges Beispiel hierfür sind Streuobstwiesen mit Tieren, wie die auf dem Foto. Die Hühner können hier z.B. vom Schatten der Bäume profitieren.
Die dritte Art der Agroforstwirtschaft sind agrosilvopastorale Systeme, die Bäume, Ackerkulturen und Tierhaltung vereinen. Hier ist unter anderem hilfreich, dass die Tiere den Boden direkt düngen.
Abgesehen von den vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten unterscheiden sich Agroforste auch nach Region. Zum Beispiel können in Mangrovenwäldern Aquakulturen für die Fischzucht agroforstwirtschaftlich angelegt werden.
Weitere Unterarten differenzieren sich zudem durch ihre Eigenschaften. So gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Gehölze anzuordnen oder Gewässer miteinzubeziehen.
Vielfalt #2: Produktpalette der Agroforstwirtschaft
Natürlich bietet der Anbau diverser (Pflanzen-) Arten auch vielfältige Produkte. Kommen wir daher zu den üblichsten Erzeugnissen aus der Agroforstwirtschaft.
Durch den verbreiteten Anbau von Bäumen und Sträuchern lässt sich Holz gewinnen. Nachhaltig genutzt, können die Bäume nach der Holzernte weiter wachsen, so kann mehrfach geerntet werden. Das Holz findet dann als Hackschnitzel, Energieholz, als Bauholz, Schnitzholz etc. Verwendung.
Handelt es sich um Obstbäume, können die geernteten Früchte Säfte, Marmeladen, Obstbrände oder Trockenobst werden. Außerdem bieten die Bäume eine Futterquelle für Vögel, Insekten und wildlebende Säugetiere. Streuobstwiesen sind übrigens die ursprünglichste Form der Agroforstwirtschaft!
Wenn auf den Flächen Tiere leben, sind das in Deutschland meist Hühner, Gänse, Enten, Ziegen, Schweine, Rinder, Bienen. Deren Produkte stehen dann für artgerechte Haltung.
Getreide und andere Pflanzen, die in Agroforsten angebaut werden, lasse sich z.B. für Backwaren oder Speiseölen verwenden. Eine weitere Möglichkeit ist es, Faserpflanzen zu kultivieren, aus denen man Textilien produzieren kann.
Vielfalt #3: Vorteile der Agroforstwirtschaft
Die Vorteile der Agroforstwirtschaft sind vielfältig für die Umwelt, Wirtschaft, Landwirt:innen, Konsument:innen, Artenvielfalt und die Kommunen.
Am offensichtlichsten ist die Artenvielfalt, die der diverse Lebensraum in Agroforsten fördert. Auf agroforstwirtschaftlich genutzten Flächen können (Nutz-)Tiere artgerecht leben und Pflanzen umweltschonend wachsen. So erfüllt das nachhaltig gewonnene Holz die steigende Nachfrage nach erneuerbarer Energie aus Biorohstoffen.
Hinzu kommt, dass Erträge aus Agroforsten die Erträge aus Monokulturen übertreffen. Das liegt zum Beispiel daran, dass die Böden Humus aufbauen und sich dadurch qualitativ verbessern. Auf diese Weise werden größere Erträge über längere Zeiträume ermöglicht, auch auf vorher ertragsschwächeren Böden. Wichtig ist außerdem, dass humusreicher Boden mehr Kohlenstoff speichert und dadurch das Klima entlasten kann. Hier erfährst Du mehr über den Prozess dahinter.
Darüber hinaus haben Agroforste ein stabileres Mikroklima. Das bedeutet u.a., dass die Bäume Wind abfangen und den Pflanzen dadurch mehr Stabilität schenken. Das steigert die Erträge. Auch Schatten spenden die Bäume. Gleichzeitig wird der Boden durch die Bäume vor Austrocknung und vor Erosionen geschützt.
Außerdem braucht es viel weniger Düngemittel und Pflanzenschutzmittel: Zum einen werden die Nährstoffe des Bodens ganzheitlicher genutzt, zum anderen tauschen die Pflanzen untereinander Nährstoffe aus. Aufgrund der verschiedenen Pflanzenarten können sich Schädlinge nicht so schnell ausbreiten, wie in Monokulturen. Wenn Tiere gehalten werden, fressen diese Schädlinge und düngen zusätzlich den Boden.
Die Konkurrenz zu den anderen Pflanzen ist auch gut für die Bäume. Die sind dann dazu gezwungen, ihre Wurzeln tiefer wachsen zu lassen, um an ausreichend Wasser zu gelangen. So stärken sie sich zusätzlich. Auch die Qualität des Grundwassers verbessert sich.
Der Anbau diverser Pflanzen macht außerdem die ganzjährige Nutzung der Landfläche möglich, da die Ernten sich saisonal unterscheiden. So verteilt sich auch die Arbeit auf das ganze Jahr.
Die Vielfalt der Produkte führt zu regionalem Ausbau und schafft lokale Märkte. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein und die Wertschätzung für die Natur in mehr Menschen. Das lässt sich natürlich auch damit begründen, dass Agroforstwirtschaften das Landschaftsbild ästhetisch aufwerten.
Übrigens könnte Agroforstwirtschaft dazu beitragen, dass im Amazonas Regenwald illegale Rodungen stoppen. Hier werden nämlich geschätzte 60 % der Flächen abgebrannt, damit sie für die Viehzucht genutzt werden können. Agroforste, wie die von Klimaretten e.V., vereinen Landwirtschaft und Regenwald. Lerne hier mehr über den Amazonas Regenwald.
Herausforderungen der Agroforstwirtschaft
Nach all diesen Vorzügen fragst Du Dich wahrscheinlich, warum Agrarforste erst langsam unsere Felder zurückerobern.
Das liegt unter anderem daran, dass die Anfänge vergleichsweise kostspielig sind. Zu Beginn wachsen die Pflanzen eher langsam und die Planung und Durchführung müssen gut durchdacht werden. Diese Kosten sind aber langfristige Investitionen, denn die Erträge sind es auf kurz oder lang wert.
Die Anlegung an sich ist auch eine Herausforderung. Erfolgt sie unklug, wird die Bewirtschaftung der Landflächen sehr aufwändig. Wenn die Pflanzen um Licht, Wasser, Platz und Nährstoffe konkurrieren müssen, macht das außerdem einige der Vorteile zunichte.
Diese Nachteile können jedoch reduziert und normalerweise sogar vermieden werden, indem man Agrarforste gut plant und sachkundig anlegt. Dann können die Flächen auch so gut bewirtschaftet werden, wie Du es auf dem Foto siehst (Getreideernte zwischen Walnussbäumen). Darum haben wir bei unseren Agroforstprojekten stets die Expertise von Triebwerk und weiteren Planungsstellen für Agroforst an unserer Seite. In Zukunft planen wir bundesweit Agroforstprojekte umsetzen, um die konventionelle Landwirtschaft umzukrempeln und nachhaltig umzugestalten.
Auf dieser Karte kannst Du erkunden, wo es in Deutschland schon überall Agroforste gibt.
Hier wird zudem Beratung zum Thema Agroforstwirtschaft angeboten, für Landwirt:innen, Politik, NGO’s und jeden Interessierten!
Zusammenfassung
Fassen wir zusammen: Agroforstwirtschaft ist eine Tradition, die wir aktuell wiederentdecken. Sie kombiniert verschiedene Pflanzen und mitunter Tiere auf einer Fläche, da das hilfreiche Wechselwirkungen schafft und die Erträge steigert. Es gibt zahlreiche Arten der Agrarforstwirtschaft, sie schafft verschiedenste Produkte und bringt einige Vorteile mit sich. Trotz höherer Kosten zu Anfang sind Agroforste auf Dauer lukrativ und leisten zu guter Letzt wichtige Arbeit für den Umweltschutz.
Findest Du das Konzept der Agroforstwirtschaft so interessant wie wir? Oder möchtest Du Fragen loswerden? Sprich uns gerne über das Kontaktformular dazu an.