Im Gegensatz zu „recycelten“ Trends, die verdächtig an die 80er oder 90er Jahre erinnern, ist unsere Kleidung selbst jedoch leider meistens nicht besonders langlebig.
Welche Auswirkungen hat „fast fashion“ auf die Umwelt?
Auf den Seiten des Europäischen Parlaments wird anschaulich dargestellt, welche umweltschädlichen Auswirkungen sich aus Produktion und Konsum innerhalb der Textilindustrie ergeben. Diese können grob in vier große Kategorien eingeteilt werden:
- Hoher Wasserverbrauch (insbesondere beim Baumwollanbau)
- Wasserverschmutzung: Mikrofasern und Chemikalien gelangen ins Meer
- Emissionen von Treibhausgasen wie CO2
- Altkleider-Abfall
Wasserverbrauch
Der Anbau von Naturfasern zur Textilherstellung ist sehr ressourcenintensiv: Bei der Herstellung eines einzigen Baumwollshirts werden beispielsweise 2700 Liter Süßwasser verbraucht, was ungefähr der Trinkmenge einer Person in 2,5 Jahren entspricht.
Im Waterplaybook der NGO drip by drip, die sich zum Schutz von Gewässern im Zusammenhang mit der Textilindustrie einsetzt, kann man einen persönlichen „Wasserfußabdruck“ anhand der eigenen Kleiderschrankinhalte berechnen, um diesen Effekt zu veranschaulichen.
Wasserverschmutzung
Im Hinblick auf negative Auswirkungen, die Kleidungsproduktion auf Gewässer haben kann, werden zum einen Chemikalien, die von Herstellerfirmen in Flüsse geleitet werden, relevant und zum anderen die in Textilien enthaltenen Kunstfasern, die z.B. beim Waschgang Mikroplastik abgeben.
Greenpeace hat beispielsweise eindeutig nachweisen können, dass bestimmte Textilproduzenten in China schädliche Chemikalien, die im Zuge der Herstellungsprozesse entstehen, ungefiltert in nahegelegene Flüsse ableiten. Dies senkt die Wasserqualität und hat negative Auswirkungen auf Menschen, Tiere und die Natur im Umkreis.
Im Zuge der Detox-My-Fashion-Kampagne haben einzelne Textilhersteller in Zusammenarbeit mit Greenpeace aber gezeigt, dass es auch anders geht: Ein Report über die Fortschritte des Programms aus 2021 beschreibt die Fortschritte, die die teilnehmenden Unternehmen im Hinblick auf das Ziel „Zero Discharge“ (= keinerlei Freisetzung schädlicher Chemikalien) erreichen konnten, indem anstelle einer reinen Kontrolle der Endprodukte auf Schadstoffe die gesamte Lieferkette inklusive der Herstellungsbedingungen überprüft und entsprechend angepasst wurde.
Über den genauen Umfang des Anteils von Mikroplastik in Gewässern, welches der Wäsche von Textilien zuzuschreiben ist, ist sich die Forschung uneinig. Fest steht aber, dass der Beitrag zur Gesamtbelastung mit Mikroplastik zwischen 16% und 35% anzusiedeln ist und somit die Textilindustrie signifikant zur Problematik beiträgt.
Zudem ergibt sich im Zusammenhang mit dem Thema fast fashion hier eine doppelte Problematik: Es werden nicht nur viele Textilien hergestellt, sondern auch überwiegend günstige Kunstfasern genutzt, welche wiederum Mikroplastik abgeben.
Zwischenfazit: Kunstfasern oder Baumwolle?
Obwohl oft angenommen wird, dass Baumwolle als natürliche Faser grundsätzlich umweltschonender bei der Herstellung von Textilien ist, kann man dies nicht pauschal sagen. Zwar besteht die Mikroplastik-Problematik nicht in gleichem Maße wie bei Polyester und ähnlichen Stoffen. Zu berücksichtigen sind aber auf der anderen Seite der bereits genannte hohe Wasserverbrauch beim Anbau von Baumwolle sowie die dabei eingesetzten Pestizide.
Emissionen
Die von McKinsey & Company durchgeführte Fashion on Climate-Studie aus dem Jahr 2020 hat verschiedene Umweltauswirkungen der Modeindustrie untersucht und ausgewertet. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass im Jahr 2018 2,1 Milliarden Tonnen Treibhausgasausstoß der Textilindustrie zuzuschreiben waren, was 4% der globalen Emissionen entspricht. Das klingt erstmal nicht nach einem besonders hohen Anteil – ins Verhältnis gesetzt trägt die weltweite Modeindustrie damit jedoch einen genauso großen Anteil zum CO2-Ausstoß bei wie Deutschland, Großbritannien und Frankreich zusammengezählt.
Ungefähr 70% der Emissionen stammten dabei laut der Studie aus der Produktion selbst, während die übrigen 30% sich aus Verkauf, Nutzung und Entsorgung der Kleidung ergaben.
Altkleider-Abfall
Laut Berichten des Europäischen Parlaments werden in der EU pro Person jedes Jahr fast 26 Kilo Kleidung gekauft – und 11 Kilo wieder weggeworfen. Obwohl es theoretisch Möglichkeiten zum Recycling der Kleiderabfälle gibt, werden 87% der Altkleider auf dem „traditionellen“ Wege entsorgt: Sie landen in der Mülldeponie oder Müllverbrennungsanlage. Dass diese Massen an Müll alles andere als umweltfreundlich sind, bedarf sicher keiner weiteren Erklärung.
Was muss sich ändern?
Der WWF fordert eine Transformation der Textilindustrie, welche leider bisher nur von einigen vereinzelten Produzenten tatsächlich gelebt wird. Greenpeace sieht als wichtigsten Aspekt einer solchen Transformation Verantwortung für Lieferketten, die wiederum gesetzliche Regelungen voraussetzt.
Doch neben politisch gesteuerten Maßnahmen können auch wir als Verbraucher:innen tätig werden: Anstatt den Kreislauf des Konsumierens und Wegwerfens fortzusetzen, bietet es sich an, Kleidung gebraucht zu kaufen und wieder zu verkaufen bzw. zu spenden.
Neben Formaten wie Kleidungstauschparties im Freundeskreis, Fashion-Flohmärkten und Second-Hand-Läden haben mittlerweile auch einige der großen Online-Anbieter diesen Geschäftsbereich für sich entdeckt und bieten (ähnlich wie generalüberholte Elektronik) qualitätsgeprüfte Gebrauchtkleidung mit allen Annehmlichkeiten des Online-Shoppings auf ihren Plattformen an.
Das Europäische Parlament empfiehlt Verbraucher:innen und Herstellern u.a. einen Mindset-Wandel zur „slow fashion“: Die Philosophie zielt darauf ab, dass insgesamt weniger Kleidung von höherer Qualität gekauft und länger behalten wird. Als weitere Idee wird zudem das Fashion-as-a-service-Modell vorgestellt, welches zumindest in Deutschland bisher noch nicht sehr bekannt ist: Vorgesehen ist es, hochwertige Kleidung zu mieten bzw. zu leasen, anstatt sie zu kaufen. So werden auf Konsumentenseite zum einen die Anschaffungskosten über eine längere Zeit verteilt und zudem herrscht im Kleiderschrank auch ohne ständige Neuanschaffungen immer Abwechslung.
Fazit
Zweifellos besteht politischer Handlungsbedarf, um durch Regulation die negativen Umweltauswirkungen der Textilindustrie etwas abzumildern. Doch das Schaffen neuer Gesetze braucht Zeit. Einzelne Unternehmen können natürlich auch ohne strikte Vorgaben bereits jetzt höhere Standards für sich selbst setzen, an denen orientiert sie ihre Geschäftsmodelle und Produktionstechniken umweltfreundlicher ausrichten. Dies steht aber für die Hersteller immer in einem Spannungsfeld zur angestrebten Gewinnmaximierung, sodass bisher nur einzelne Firmen diesen Weg gehen. Auch wenn es sich im Alltag für uns vor dem Hintergrund dieses riesigen Industriezweiges manchmal nicht so anfühlen mag, als könnten wir einen Unterschied machen: Als Kund*innen können wir mit unseren Entscheidungen für (oder gerade gegen) Produkte einzelner Unternehmen zumindest dazu beitragen, ein Zeichen zu setzen. Denn wo die Nachfrage nach klimafreundlicher Kleidung besteht, entsteht mit der Zeit auch ein Angebot – und wo die Nachfrage nach Fast Fashion möglicherweise abnimmt, entstehen für Hersteller auch wirtschaftliche Gründe zum Umdenken.