Zum einen sind die Konsequenzen für die Umwelt, die durch die Herstellung von Lebensmitteln verursacht werden, zu bedenken. Hier spielt beispielsweise der CO2-Ausstoß in der Produktion oder durch lange Lieferketten eine Rolle. Wird zudem noch mehr produziert, als am Ende verwertet werden kann, steigt die Umweltbelastung ganz unnötig an.
Darüber hinaus ist es aus moralischer Sicht nur schwer nachvollziehbar, wieso einerseits Massen von Lebensmittel in der Tonne landen, diese andererseits aber (z.B. als Spenden) dringend benötigt würden. Das gilt insbesondere in den aktuellen Inflationszeiten, welche zu einem stark erhöhten Anstieg der Inanspruchnahme der Tafeln geführt haben: Laut Berichterstattung des ZDF kam es im Laufe des Jahres 2022 zu einem 50-prozentigen Anstieg der Tafel-Nutzer*innen; ein Drittel der lokalen Tafeln musste vorübergehend sogar Aufnahmestopps verhängen.
Warum werden Lebensmittel entsorgt und nicht gespendet?
Häufig wird als Grund für das Vorgehen der Supermarktketten, die nicht mehr verkaufsgeeignete Lebensmittel in großen Anteilen entsorgen, anstatt sie zu spenden, die Steuerbelastung genannt: Spenden seien zu versteuern, Abfälle hingegen nicht. Tatsächlich ist die Rechtslage etwas komplizierter und auch stetig in Bewegung. Während lange Zeit Lebensmittelspenden tatsächlich der Umsatzsteuer unterlagen, gibt es inzwischen diverse Erleichterungen für spendende Unternehmen. Insbesondere eine Neuerung aus 2021 hat hier die Rahmenbedingungen signifikant verbessert, wie die Rundschau für den Lebensmittelhandel auf ihrer Website berichtet: Lebensmittel können unter vereinfachten Voraussetzungen als „nicht mehr verkehrsfähig“ eingestuft werden und damit ihr Wert im Spendenfall auf 0,00 € angesetzt, sodass auch keine Umsatzsteuer mehr anfällt.
Wenn die Steuerbelastung aber nun kein so großes Hindernis mehr darstellt, woran liegt es dann?
Details zu weiteren Aspekten erläutert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in seinem Leitfaden für die Weitergabe von Lebensmitteln, der speziell auf die rechtlichen Dimensionen eingeht. Einfach gesagt müssen Lebensmittelhändler, die Ware spenden möchten, weiterhin gewährleisten, dass es sich um sichere Produkte handelt – also zum Beispiel, dass Lebensmittel, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, trotzdem noch genießbar sind und keine Gesundheitsgefahr darstellen. Eine Spende bedeutet also im Vergleich zur Entsorgung zumindest einen erhöhten Aufwand und bringt zudem Haftungsrisiken mit sich, vor denen Supermarktbetreiber zum Teil zurückschrecken.
Möglicherweise ist es also nicht ausreichend, nur Erleichterungen für Spenden zu schaffen, sondern es müssten konkretere Maßnahmen ergriffen werden: In Frankreich sind Supermärkte beispielsweise bereits seit mehreren Jahren gesetzlich verpflichtet, übrig gebliebene aber noch genießbare Lebensmittel zu spenden. Andere Länder wie Italien und Finnland folgten diesem Beispiel nach. In der Bevölkerung würde eine solche Pflicht zumindest auf große Zustimmung stoßen: Laut Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sprachen sich in einer Befragung des Umfrageinstituts Infratest dimap im Auftrag der Organisation abgeordnetenwatch.de aus 2016 ganze 87% der Befragten für eine Spendenpflicht aus.
Obwohl bei Supermarktbetreibern klarer Handlungsbedarf besteht, bleibt zu bedenken, dass der Lebensmitteleinzelhandel nicht den größten Anteil zur Verschwendung beiträgt. Laut der eingangs zitierten Zahlen des Statistischen Bundesamtes handelt es sich nur um einen Beitrag von 7%, während etwa in der Lebensmittelherstellung 15% der Abfälle entstehen und 17% aus Gaststätten- und anderen Verpflegungsbetrieben stammen. Die größte Quelle der Lebensmittelverschwendung bleiben mit einem Anteil von 59% aber weiterhin Privathaushalte….
Die Welthungerhilfe und die staatliche Website zugutfürdietonne.de geben auf ihren Tipp-Seiten jeweils konkrete Hinweise, wie auch wir als Verbraucher*innen unseren persönlichen Lebensmittelabfall reduzieren und damit zu weniger Verschwendung beitragen können.